Montag, 23. Juli 2012
Ron Perkelino berichtet diese Woche wie gewohnt mit spitzer Zunge täglich vom Mégavalanche in Alpe d'Huez. Das Mégavalanche ist ein Massenstart-Rennen vom 3.300 m hohen Pic Blanc bis ins Tal in Allemont auf 720 m. Dabei werden 30 km zurückgelegt.
Nachlesen:
Teil I,
Teil II,
Teil III,
Teil IV,
Teil V
Autor: Ron Perkelino
Sodala, schon wieder retour aus dem Land der Tartiflettes. Keine 12 Stunden waren’s diesmal, und wenn jemand die hintere Stoßstange meines Manta findet bitte an die downhill-rangers schicken, postlagernd, zu meinen Handen, danke.
Bester Rookie aus Österreich: Klaus (worauf wir rechtschaffen stolz sind). [
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Ich selber war heut ja nicht oben am Glacier du Sarrenne, aber der Klaus, der es bis zum tatsächlichen Mégavalanche geschafft hat, hat im Ziel von Schnee geschwärmt, so hart wie Asphalt, und das trotz einer 20minütigen Startverzögerung. Das erklärt auch die teilweise irren Zeiten, vor allem im Vergleich zu diversen Trainingswerten der letzten Tage. Der Temperatursturz der letzten Tage hat 2012 zum, ich müsste nachschauen, schnellsten Rennen der Méga-Geschichte gemacht: Eine 41er-Siegerzeit wäre mir persönlich noch nicht untergekommen, aber vielleicht täusch ich mich da auch.
Zur Halbzeit noch in Führung: Nico Vouilloz mit dem Elektronik-11-fach-Lapierre-Prototyp [
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Und was hab ich gestern (oder eigentlich vorgestern, biss der Nooxy meinen Senf online stellt) gesagt? Genau: Absalon. Bei Halbzeit des Rennens, da wo ich zuschauen gestanden bin, war der Nico Vouilloz noch 50 Sekunden vorn, aber dann kommt der Anstieg, und das war rein optisch der Unterschied zwischen Vollgas und Terminator. Nico muss das mitgekriegt haben, denn prompt hat er sich rausgeschossen (und ist danach nimmer ins Ziel gerollt wie immer, wenn er das Rennen verhaut hat).
Der spätere Sieger: Remy Absalon auf Commençal. [
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Dritter war bei mir oben noch Dan Atherton, und weil er das im Ziel dann noch immer war, hat ihn irgendwann, irgendwie, irgendwo offensichtlich der junge Nicolas Lau überholt, der eigentlich hinter dem langen Briten hätte einlaufen sollen. Zu Lau fällt mir nix ein, außer dass seine gute Platzierung sicher nix mit seinem Bike zu tun hat: Im Vergleich zu Vouilloz’ Lapierre-Prototypen ist sein Cube-Hobel pure Steinzeit. Greg Doucende verteidigt mit Platz 4 gesamt die Ehre der alten Knacker, wähend der schnellste Wildhaber zwar aus der Schweiz kommt, allerdings Gustav statt Rene heißt.
Gut, dass er trotzdem überlebt hat: Wildhaber, der Echte. [
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Ich hab im Ziel kurz mit dem, was vom echten Rene noch übrig war, geplaudert, und der Rest-Wildhaber konnte noch grob von seiner Feindberührung erzählen, die ihn oben am Ende des Gletschers in die Steine geschossen hat, dass er zuerst geglaubt hat, er ist hin, und dann war das doch nur das Fleisch seiner rechten Körperhälfte; vor allem der Oberschenkel. Das Problem ist dann aber so weitergegangen, dass sich der Rene nicht recht ausgekannt hat mit der Verfügbarkeit von Fahrrädern: Seines, so schien es ihm, wurde von einem der am Sturz Beteiligten mitgenommen. Auch wenn dem nicht so war und Renes Trek bloß eine Etage tiefer in den Steinen gelegen ist: Wer den demolierten Red-Bull-Helm des Schweizers gesehen hat wird verstehen, dass unser Freund gröber verschüttelt war. In Anbetracht dessen ist Platz 18 unendlich wertvoll, selbst wenn Rene nach dem Rennen gemeint hat, dass er nie wieder Mégavalanche fährt, aber derlei Aussagen sind im Ziel in Allemont völlig normal und nicht sonderlich ernst zu nehmen.
Opfer seines Sponsors: Hardtail-Fahrer. [
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Da sind heute Vögel runtergekommen, gegen die bin ich der Bundespräsident. Und es gibt Firmen, die unterstützen das auch noch! Die bauen zum Beispiel Hardtails für Downhill-Rennen, pschistrieren dann völlig absurde 4-Zoll-Reifen dran und wundern sich, wenn die Fahrer im Ziel weinen! Alles gesehen, alles dokumentiert.
Kurzes technisches Fazit auf der sinnvollen Seite. Die gebräuchlichsten Marken unter den 2000 Teilnehmern sind Specialized, Lapierre und Santa Claus, danach Trek, Scott und Commençal, dann der Rest. Die Lyrik/36-Klasse hat sich mittlerweile als Standardkaliber etabliert. Frischlinge erkennt man an ihren Downhill-Hobeln, Masochisten am Fehlen der höhenverstellbaren Sattelstütze (von denen es noch immer erst zweieinhalb funktionierende gibt: Rock Shox Reverb und die von Specialized, mit Abstrichen Kind Shock; die Chefs der Partie fahren fast durchgehend Reverb). 50 Prozent des Feldes ziehen irgendwo Maxxis Minion F auf (vorn oder hinten). Die grundgeniale Hammerschmidt wurde zum Exoten degradiert. Ihre Weiterentwicklung verschlafen zu lassen war ein leichtfertiger Rückschritt in nicht funktionierende Schaltsysteme: SRAM 10-fach frisst unter Extrembedingungen Schaltseile wie ich Tartiflette, und 11-fach wird kaum besser sein. Noch einen Vorwurf muss sich SRAM gefallen lassen: Unter Méga-Bedingungen arbeiten Shimano-Ritzel länger und präziser als ihre amerikanischen Kollegen – selbst mit in Verbindung mit einem an und für sich grundgenialen und robusten X.O.-Schaltwerk.
Was also lernen wir für nächstes Jahr? Mehr treten trainieren, wie immer (Yo, Ximi). Mehr alternative Linien trainieren, vor allem am Gletscher, wo Schneetemperatur rennentscheidend ist. Die letzten Kleinigkeiten am Material ausbessern: Ich bleib bei meinem Specialized Enduro, ich bleib bei meiner Hammerschmidt, ich bleib bei meinen geilen roten 636er-SPD. Gesucht wird weniger Verschleiß rundum, gesucht wird ein funktionierender Reifen. So genial die SX-Versionen von Specialized Butcher (Kris) und Clutch (ich) grundsätzlich funktionieren: Vermeidbare Defekte haben trotzdem unsere Rennen ruiniert. Der Stein, den du auf einem 16-cm-Bike mit SX-Reifen frisst, richtet einfach mehr Schaden an als derselbe Stein an einem Männer-Butcher auf einem Demo. Und nein: Die Heerscharen an Patschen vom Pic Blanc hat Conti, Maxxis, Schwalbe, Onza & Co genauso getroffen.
Wen ich gern sehen würde beim Méga nächstes Jahr? Grundsätzlich jeden, weil im Moment glauben die Engländer, das Radfahren erfunden zu haben, und die Franzosen zeigens ihnen dann, aber zfleiß. Unsere Kern-Truppe hat in den letzten Jahren genügend Know-How zusammengetragen, um Einsteigern aus dem Stand einen guten Start zu ermöglichen, siehe Klaus und Kris heuer. Wer Radlfahren kann, der kann es bis zu Mégavalanche oder zumindest Méga Challenger, der zweiten Leistungsstufe schaffen, einfach melden, wir beißen nicht.
Top-15-Potential haben theoretisch Rü Jahnel, Mote Stonig, Benni Purner und Graf Johannes von Kraftstoff. 3 Jahre Vorbereitung werden vorausgesetzt.
Jetzt knall ich noch irgendwann die versprochenen Videos hier drauf, dann wars das vom Mégavalanche für heuer, für mich und 2000 andere noch immer das wichtigste Mountainbike-Rennen des Jahres.
Kommentare
Frisurmäßig ist aber noch Luft..... nach unten :-)
Hast Recht - ein Draufhalter mit Kondi wie Rü könnt schon was reissen dort!