Dienstag, 17. Juli 2012
Ron Perkelino berichtet diese Woche wie gewohnt mit spitzer Zunge täglich vom Mégavalanche in Alpe d'Huez. Das Mégavalanche ist ein Massenstart-Rennen vom 3.300 m hohen Pic Blanc bis ins Tal in Allemont auf 720 m. Dabei werden 30 km zurückgelegt.
Autor: Ron Perkelino
Das Um und Auf bei so großen Rennen wie dem Mégavalanche in Alpe d'Huez ist eine Vorbereitung, die nichts dem Zufall überlässt. Österreichs Méga-Rekordteilnehmer Ximi von den Bang Brothers macht diesbezüglich keiner was vor: Französischem Gebräu misstrauend reist er mit dem Bier des österreichischen Eishockey-Connaisseurs an, "aber nur, weil meine Hausmarken Hirter und Murauer keine Dosen produzieren. Wobei: Der Markt dafür wäre da: Ich!" Wer wollte ihm da widersprechen, immerhin hat er auch auf der Materialfront kräftig nachgelegt und brilliert durch Kenntnis der geänderten Streckenführung.
Traut dem französischem Gebräu nicht: Ximi.
Die Anreise ist und bleibt ein anstrengende Geschichte: Selbst aus Salzburg, Stadt des österreichischen Eishockey-Rekordmeisters des dritten Jahrtausends, oder Klagenfurt, Stadt des Eishockey-Finalserien-Rekordverlierers, braucht man unterm Strich 10 Stunden. Fährt man über Venedig-Mailand-Turin schrecken horrende Mautgebühren, der obligatorische Verkofferer bei Turin und zum Schluss drei Stunden Bergetappe hinter dem Holländer und seiner Frau in ihrem Wohnmobil.
Der Schweizer hingegen schreckt durch beständiges rechthaberisches Linksfahren, jedes an ihm vollzogene Überholmanöver empfindet er wie eine Kastration ohne Narkose. Dass er obendrein noch schlecht Auto fährt, darf in einem Land, das den Motorsport schon vor Jahrzehnten verboten hat, nicht wundern. Man braucht gute Nerven, erst ab der französischen Grenze wird's spürbar besser.
Man ist dann doch immer froh, wenn man endlich da ist. Da heißt: Unten, wo der wütige Rennradfahrer in der Früh schneidig seinen Lenker umklammert, um 20 Kehren später von seiner Frau mitleidig und an den Inhalt eines Speibsackerls gemahnend aufgelesen zu werden. Ich für meinen Teil bin immer froh, für den Großteil des Aufstiegs im Auto zu sitzen, und wenn mir im Verlauf der Woche so ein gezeichnetes Etwas im Ort Alpe d'Huez selbst begegnet, idealerweise nur ein paar hundert Meter von der offiziellen Ziellinie der Tour de France entfernt, wird er aufs Entschiedenste niedergesprintet, und zwar mit Fullface-Helm und unter bienenhaftem Gebrumm meiner 2,3-Zoll-Enduro-Reifen.
Dieser jugendliche Unfug nimmt freilich auch von Tag zu Tag ab.
Die Tour de France hinterlässt Spuren.
Das Sichtotfahren hat nämlich auch Tradition: Zu viel Singletrails, zu viel Seehöhe, zu viele Menschen unterwegs und zu viel Spaß resultieren in ein paar tausend Tiefenmesser täglich, was schon auf einem vernünftigen Fahrrad anstrengend genug wäre. Wir hier stehen aber leider auf Kinderrädern mit nur 16 cm Federweg. Spätestens am Donnerstag wünscht sich jeder ein zweites Paar Arme.
Wir wissens grundsätzlich eh, rasseln aber jedes Jahr in die selbe Falle.
Sonst noch? Kaiserwetter, ich hock in der Short am Balkon, während ich das tippe; der Rest der Bande liegt am/im Pool, und das um halb sieben auf 1800 Metern über Null. Bis Donnerstag solls so bleiben, danach eher nicht, aber was weiß man schon. Myriaden Menschen bereits heute auf den Trails, am Schneckenlift von Huez Village (Quali-Ziel) retour nach Alpe d`Huez eineinhalb Stunden Schlange gestanden. Scheint, als ob Mégavalanche immer mehr zum ganzwöchigen Aktivurlaub für Menschen aus der ganzen Welt wird, während es bis vor vier, fünf Jahren deutlich französisch dominiert war und der große Verkehr auf den Trails erst am Donnerstag begonnen hat.
Bis Donnerstag soll's so bleiben.
Nach den Engländern entdecken jetzt anscheinend auch die Piefkes dieses Rennen, unüberhörbar in den Wartepausen und mit teils so langweiligen Bikes, dass mir beim Anschauen immer ein Speichelfaden aus dem Mundwinkel tropft, weil mich diese Kisten müde machen, sehr müde. Wenigstens brauchen wir keine neuen Schimpfworte zu lernen, wenn sie uns am Freitag bei der Quali im Weg rumstehen und wir dringend an ihnen vorbei müssen, weil es die Startnummer so schlecht mit uns meint. Keiner von uns muss am Freitag weniger als 100 Gegner überholen, um es am Sonntag überhaupt bis ins Hauptrennen zu schaffen. Mehr darüber und wie wir das auf die Reihe kriegen wollen morgen an dieser Stelle.
Schwund bis heute:
1 Drop mit weggeworfenem Bike
1 Schlauch (hinten)
4 Dosen Makrele in Senfsauce (Heißhunger)
Weiterlesen:
Teil II