Montag, 2. Dezember 2013
XX1 Schaltwerk
Das Besondere am XX1 Schaltwerk, ist die X-Horizon-Technologie. Das Parallelogramm bewegt sich in der Horizontalen Ebene. Bei herkömmlichen Schaltwerken geht das meist schräg nach unten. Bei einem Schlag kann so das Schaltwerk nach innen ausweichen und womöglich ungewollt schalten. Laut SRAM verhindert X-Horizon dieses ungewollte Schalten. Damit sich die obere Schaltrolle beim Schalten auf ein größeres Ritzel trotzdem vom Zahnkranz entfernt, ist der Käfig L-förmig am Schaltwerk aufgehängt (ein verkehrtes L, wobei an den jeweiligen Enden die Schaltrollen sitzen und sich dort, wo sich die Linien kreuzen, der Drehpunkt befindet.)
Der Schaltkäfig bildet annähernd ein umgekehrtes L. Die Bewegung des Parallelogramms erfolgt annähernd in der Horizontalen. [
Galerie]
Durch diesen Aufbau bewegt sich beim Schaltwerk fast ausschließlich das Parallelogramm in der horizontalen Ebene nach innen und außen und der Käfig nach vorne und hinten. Ein Auf- und Abschlagen oder gar Anschlagen des Schaltwerks an der Kettenstrebe wird so verhindert. Auch das sorgt dafür, dass die Schaltung schön leise ist.
Der Cage-Lock-Mechanismus erlaubt es den Käfig im ungespannten Zustand zu fixieren, was vor allem beim Rad-Ein- und -Ausbau sehr hilfreich ist. Die paar Gramm Mehrgewicht sind meiner Meinung nach sinnvoll investiert.
Mitte der Saison hatte ich das Problem, dass sich das Schaltwerk immer lockerte. Zur schlimmsten Zeit war’s nach dem Einkleben nach einer halben Tour wieder locker. Vermutlich ist Öl aufs Gewinde gekommen und mein Entfetten war anfangs zu wenig gründlich, sodass das Einkleben auch nichts gebracht hat. Irgendwann hat es aber dann doch wieder gehalten.
Positiv aufgefallen ist mir, dass das Schaltwerk auch nach den 2000 km, den Enduro-Rennen und Bikepark-Einsätzen und ein paar Steinkontakten so gut wie nicht ausgeschlagen ist (außer die Schaltrollen). Meine alten X9 Schaltwerke waren oft schon noch wenigen Wochen im Downhill-Einsatz ausgeschlagen. Sowohl das Parallelogramm, als auch die Aufhängung des Schaltwerks selbst. Das Saint Schaltwerk, das ich jetzt seit eineinhalb Saisonen am Downhill-Bike habe, hält sich aber auch ausgesprochen gut.
An dieser Stelle noch ein Tipp: Kauft euch einen guten 25er Torx – idealerweise mit Griff. Das Schaltwerk wird mit einem Torx an den Rahmen geschraubt, der relativ weit innen liegt. Mit dem normalerweise bei den SRAM-Produkten mitgelieferten Torx-Schlüssel kommt man da nicht all zu weit. Die Torx-Nuss meines hochwertigen Steckschlüsselsatzes war offensichtlich zu breit. Der Torx griff nur minimal und so hatte ich beim festen Anziehen einen Teil abgedreht (was mir beim Bike schon seit ewigen Zeit nicht mehr passiert ist). Der Torx ist aber durchgängig, sodass es mit einem vernünftigen Schlüssel wieder funktioniert.
XX1 Schaltperformance
SRAM bewirbt XX1 mit „unbelievable smooth shifting action“. Ich persönlich hatte aber immer wieder etwas Probleme mit der Schaltperformance. Nach den Gesprächen mit Freunden und Bekannten hatte aber sonst keiner größere Probleme. Klar ist XX1, wie auch die 10-fach-Schaltungen, nicht so sorglos, wie die alten 9-fach-Schaltungen. (Warum gibt es eigentlich immer noch keine moderne 9-fach-Downhill-Schaltung?) Einer berichtete auch, dass das Schaltwerk nach dem einen oder anderen Tag im Keller nicht sofort runterschaltete, wenn man den Hebel betätigt. Das legte sich bei mir aber nach ein paar Wochen.
Ich muss dazusagen, dass ich an den Tret-Bikes zuvor nur uralte (bis zu 6 bzw. 10 Jahre alte) 9-fach-Schaltungen hatte. Die Schaltwerke waren sehr stark ausgeschlagen, aber solange die Schaltaugen nicht verbogen waren, ging Schalten eigentlich ganz gut. Seit 2012 hatte ich am Downhill-Bike eine 10-fach-Schaltung mit kleiner Kassette. In der Praxis fallen aber kleinere Schaltprobleme bei Downhill-Bikes nicht so auf.
Das erste, das mir beim Aufbau am Radständer auffiel war, dass die Einstellung der Seilspannung sehr kritisch ist. 1-2 Klicks mehr oder weniger und einzelne Gänge ließen schon nicht mehr sauber schalten. Umgekehrt war einer der Gänge (ich glaub der 9.) ziemlich laut und manchmal blieb die Kette sogar am nächst größten Ritzel kurz hängen. Mit reduzierter Schaltseilspannung war zwar das Geräusch weg, aber der eine oder andere Gang war nicht mehr sauber schaltbar. Mit der Abstand-Stellschraube hatte ich experimentiert. Ich muss allerdings gestehen, dass ich unter den ganzen Anleitungen, die bei einem Rad-Aufbau zusammenkommen, genau die, wo die genauen Abstandsmaße für die Schaltrolle standen, ursprünglich nicht gefunden hatte.
In der Praxis war die Geräuschentwicklung bei dem einen Gang aber kein Problem und legte sich mit der Zeit auch am Radständer. Was mich aber bei den ersten Ausfahrten sehr störte: Das Runterschalten war vergleichsweise langsam. Ich hatte einige peinliche „Verschalter“ am Radweg durch die Stadt, wenn ich zum oder vom Trail fuhr. Das Problem trat bei den untersten Gängen auf – vor allem von 10 auf 11. Ich wusste von alten Schaltungen, ab wann ich nach dem Schalten auf einen härteren Gang vollen Druck geben kann. Mit XX1 war ich da dann häufig zu früh dran, was natürlich zu lautstarkem Krachen führte.
Meiner Meinung nach liegt das daran, dass gerade bei den kleineren Gängen auch beim Schalten auf einen kleineren Gang die Kette kurzfristig einen längeren Weg über die Zähne machen muss. Durch die hohe Kettenspannung und dem sehr hohen Losbrechmoment des Roller-Bearing-Clutch-Mechanismus scheint das dann manchmal verzögert zu sein. Mit der Zeit dürfte dabei aber eine Verbesserung aufgetreten sein – oder ich habe mich daran gewöhnt. Stark aufgefallen ist es mir hauptsächlich am Radweg bei kurzen Sprints (z.B. Überholen). Ich kenne mich zwar mit der Schaltwerk-Technik zu wenig aus, aber ich hätte mir hier gewünscht, dass die Spannung der Feder im Parallelogramm stärker wäre, um den erhöhten Wiederstand bei der Vorwärtsbewegung des Käfigs zu kompensieren. Das hätte aber auch eine höhere Handkraft beim Schalten zur Folge. Ob es die Schaltperformance verbessern würde: Keine Ahnung.
So 100% glücklich war ich mit den Gangwechsel nie. Ich habe fast bei jeder Ausfahrt an der Seilspannung herumgespielt. Die Züge und Schaltseile habe ich gewechselt. Auch hin und wieder den Abstand der Schaltrollen verstellt. Wie ich im Nachhinein laut Anleitung herausfand, dürfte ich beim Abstand tendenziell zu knapp gewesen sein. Berücksichtigt man aber die Kettenlängung im Sag, dürfte es ziemlich genau gepasst haben.
Über den Sommer kam dann auch dazu, dass sich das Schaltwerk regelmäßig lockerte. Da ich aber das Seilspannungs-Verstellen schon so gewohnt war, ist mir das oft erst relativ spät aufgefallen.
Ca. August oder Anfang September ließen sich nicht mehr alle Gänge ohne Tricks schalten. Für den Urlaub hatte ich mir ein Ersatz-Schaltauge und –Schaltwerk bestellt. Teilweise hatte ich auch meine alternative Schaltzugverlegung im Verdacht, aber schon bei vorherigen Prüfungen lief das Seil immer sehr leichtgängig durch den Außenzug.
Trotzdem machte ich dann ein paar Tests mit dem neuen Schaltauge, dem neuen Schaltwerk und einer provisorischen, möglichst geraden Zugführung. Nach einigen Experimenten stellte sich heraus, dass die Kugellager der Schaltrollen schon massiv ausgeschlagen waren. Das neue Schaltwerk mit dem alten Schaltrollen schaltete sehr schlecht, das alte Schaltwerk mit den neuen Rollen gut. Ich baute das Bike wieder auf den ursprünglichen Zustand zurück – nur die obere Schaltrolle tauschte ich durch die vom neuen Schaltwerk aus. Seither geht die Schaltung vergleichsweise gut.
Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, wann ich das umgebaut habe. Vermutlich (und maximal) bin ich bis dahin 1.460 Touren-Kilometer mit 31.500 Höhenmeter und zusätzliche 7 Bikepark-Tage gefahren. Das Problem dürfte aber schon länger bestanden haben.
Ich bin gespannt, wie lange die nächste Schaltrolle hält. Weniger als 2.000 km sind nicht gerade berauschend. Noch dazu kosten die Ersatzrollen regulär 66,- Euro. Diese sind angeblich unterschiedlich und gekennzeichnet (U … upper, L … lower). Wo der Unterschied ist, habe ich leider nicht gesehen. Die Kugellager sind durch einen Falz gegen Rauspressen geschützt. Eventuell versuche ich aber trotzdem mal, den Falz zu entfernen und ein neues Lager einzukleben.
Nachtrag 9.5.2014: Die Schaltrollen sind nicht unterschiedlich: Sie haben nur auf einer Seite ein U und auf der anderen ein L eingeprägt. Bei der oberen Schaltrolle muss die Seite mit dem U nach Außen zeigen - bei der unteren Rolle die Seite mit dem L.
Kommentare
Ich habe auch mittlerweile erfolgreich bei den alten Schaltrollen einfach nur die Kugellager für ein paar Euro getauscht.