Freitag, 29. November 2013
Nach der ersten Saison mit der SRAM XX1-Schaltung am Enduro Bike ist es Zeit, von meinen Erfahrungen zu berichten. Eines vorweg: Ich habe die Kette auch ohne Kettenführung nie verloren und solange nichts Besseres kommt, würde ich die Schaltung nicht mehr hergeben. Andererseits hatte ich Verschleißprobleme mit den Kettenblättern und von der häufig gepriesenen perfekten Schaltperformance konnte ich auch meist wenig spüren.
Im ersten Teil geht es hauptsächlich um einen Vergleich des Gewichts und der Übersetzungsbandbreite. Im zweiten Teil, um die Eindrücke der SRAM XX1-Schaltung in der Praxis.
Mit XX1 brachte SRAM letztes Jahr eine komplett neue Schaltungstechnologie in die Mountainbike-Welt. Dank einer übergroßen Kassette mit 11 Gänge von 10 bis 42 Zähnen geschaltet mit einem speziellen Schaltwerk soll man vorne mit nur einem Kettenblatt auskommen. Um die spezielle Kassette (X-Dome) mit dem kleinen 10er Ritzel montieren zu können, ist ein spezieller Freilauf (XD-Freilauf) notwendig.
Dank dem Zusammenspiel von einigen neuen und alten Lösungen soll die Kette auch ohne Kettenführung und auch bei extremen Gelände auf diesem einen Kettenblatt bleiben:
- Das Kettenblatt hat längere Zähne. Da vorne nicht geschaltet wird, sind auch keine verkürzten oder verkleinerten Zähne wie auf herkömmlichen Kettenblätter notwendig.
- Die Zähne sind unterschiedlich breit. Damit wird die Kette bei jedem Kettenglied seitlich präzise geführt und nicht nur bei jedem zweiten Kettenglied wie bei herkömmlichen Kettenblätter.
- Die von den SRAM-Type 2 Schaltwerken bekannte „Roller Bearing Clutch“ (Hülsenfreilauf) sorgt für einen höheren Kraftaufwand bei der Vorwärtsbewegung des Käfigs. Merkbar ist das deutlich an einem höheren Losbrechmoment. Beim Gangwechsel oder beim Einfedern des Hinterbaus soll sich der Käfig bewegen, das Kettenschwingen bei Schlägen aber möglichst eliminiert werden.
Vermutlich die wichtigste Komponente, um ohne Kettenführung die Kette auch im rauen Gelände nicht zu verlieren: Das XX1 Kettenblatt mit längeren und abwechselnd schmalen und breiten Zähnen. [
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Vor genau einem Jahr stand ich vor der Entscheidung welche Schaltung auf mein Bike soll. Freunde, die XX1 schon ein paar Wochen fuhren, berichteten von den Vorzügen dieser 1x11 Schaltung: Das Bike wird unglaublich leise, weil die Kette kaum mehr schlägt – insbesondere nicht gegen die Führungsbleche von Umwerfer oder Kettenführung. Auch der Komfortgewinn durch den Wegfall der vorderen Schaltung und die Möglichkeit, den Hebel für die Sattelstütze links zu montieren, wurden hervorgehoben.
Interessant ist natürlich auch der Gewichtsvorteil. Man spart sich doch das zweite Kettenblatt, den Umwerfer, den linken Schalthebel, die Züge zum Umwerfer und eine Kettenführung. Mehrgewicht kommt praktisch nur vom massiveren Schaltwerk – aber auch nur im Vergleich zu anderen High-End Schaltwerken. Die große und trotzdem extrem leichte XX1 Kassette wird beim Gewicht merklich auch nur von der XX Kassette unterboten.
Dagegen stand einerseits der Preis, andererseits das eingeschränkte Übersetzungsverhältnis. Und ob die Kette wirklich immer dort bleibt, wo sie soll, war ebenfalls noch unklar.
Der XX1 Antrieb neu. Vorne 1-fach ohne Umwerfer und Kettenführung. Dafür 11 Gänge auf der Kassette. [
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Der XX1 Antrieb nach Ende der Saison [
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XX1 Gewicht und Preis
Wie das XX in XX1 schon andeutet, handelt es bei der XX1 Schaltgruppe neben der XX um die hochwertigste Schaltgruppe für Mountainbikes bei SRAM. Die 11-fach-Kassette wird bis auf die große 42er Aluscheibe aus einem Stück gefräst. Nobel, leicht und sauteuer. Trotz der Größe ist sie mit 268 g daher leichter als die meisten Standard-Kassetten. Auch das massiv wirkende Schaltwerk kann mit den Schaltwerken der Top-Gruppen mithalten (nur das XX ist um knapp 50 g leichter). Durch Wegfall vom linken Schalthebel, des Umwerfers, der zweiten Zahnscheibe und des zweiten Schaltzuges spart man locker 400 g. Mit Kettenführung und Bashguard oder Guide-Ring werden andere Schaltungen noch um mindestens 150 g schwerer.
Der Straßenpreis der gesamten Gruppe lag Anfang des Jahres bei knapp unter 1000,- Euro. Mittlerweile bekommt man die Gruppe noch günstiger.
Als Alternative hätte ich mir folgende Komponenten zusammengesucht: Eine X0 2-fach-Kurbel mit leichten Carbon Bashring, weil es die direkt in der BB30/PF30-Ausführung gab. X0 Umwerfer. Wegen der schlechten Erfahrungen mit dem X9-Schaltwerk letztes Jahr (ständig Schaltseil gerissen), sollte es eine Shimano Schaltung werden: XT-Schaltwerk, weil ich ein Schaltwerk in gewisser Weise als Verschleißteil ansehe. Dafür die sehr guten XTR-Schalthebel. Aus Preisgründen eine XT-Kassette.
Im Vergleich zu XX1 wäre ich damit um 600 g schwerer geworden. Bei einer Preisersparnis von 300,- Euro. Im High-End- bzw. Leichtbau-Bereich sind 50 Cent für ein gespartes Gramm ein sehr guter Deal!
Hier eine Vergleichstabelle der Gewichte mit anderen Schaltungen. Alle Angaben ohne Gewähr. Teilweise geschätzt bzw. umgerechnet, wenn etwa ein Umbau (Kettenblätter) notwendig ist.
Gewicht der XX1 Schaltung im Vergleich zu X9, X0, XX, XT und XTR. [
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Gewicht der XX1 Schaltungsgruppe ohne Innenlager und Schaltbowden. [
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