Mittwoch, 14. August 2013
Strada Del Sole (rote Jump Line)
Die Strada Del Sole dürfte ziemlich einzigartig in Österreich sein. Ich kenne hierzulande keine Strecke mit so viel Air-Time: 40 Sprünge auf 2,6 km Länge. Sehr viele mittelgroße Sprünge, einige große. Die großen sind dabei definitiv als schwarz zu kategorisieren.
Die meisten mittelgroßen Sprünge sind Tables. Es gibt einige kleinere Doubles und eine Handvoll größere. Dazu größere und kleinere Gap-Jumps bzw. einen sehr großen natürlichen und eine mittelgroßen künstlichen Step-Down. Einen Corner Jump, eine große Wall und ein Jump-In/Jump-Out Wall seitlich eines Tables. Alternativ können auch ein großer und ein mittelgroßer Drop mitgenommen werden.
Auf der Haupt- bzw. Ideallinie der Strecke ist der Schotter fast komplett rausgefahren - so sehr, dass in meiner Erinnerung nach dem ersten Tag gar kein Schotter auf der Strecke lag. Neben der Ideallinie liegt er aber sehr wohl. Störend ist er jedoch nur in ein paar wenigen kleinen Kurven auf der Skipiste im Mittelteil.
Gleich vom Start weg geht es richtig zur Sache: Ein Table, der für geübte Fahrer nach kurzer Einfahrzeit zu kurz wird, kann mit einem alternativen Absprung auf einer vorangestellten Holzrampe verlängert werden. Es folgt ein Anlieger und gleich der große Step-Down an einer natürlichen Geländekante. Unmittelbar danach ein als Alternative mit einer Holzrampe zu springender Gap. Im Verlauf der Strecke folgen meist einzelne Sprünge, aber auch einige Gerade mit 3 bis 5 Sprüngen hintereinander sind zu finden.
Schon bei der ersten Fahrt verzogen sich die Mundwinkel definitiv nach oben. Ich persönlich bin ja ziemlich ein Angsthase bei Doubles oder Gap-Jumps. Ein schneller Freund hat da aber nicht lange rumgefakelt und sicherheitshalber gleich mal einige schwierige Sprünge mitgenommen. Durch die vielen Tables bekommt man aber relativ schnell ein gutes Gefühl für die Sprünge und kann sich dann auch an die nicht so einfach zu springenden Doubles oder größeren Sprünge wagen. Bei den ersten paar Runs hatte ich trotzdem ein paar Durchschläge, wie ich sie mit den Rad in 1,5 Jahren zuvor noch nicht hatte. Und wegen dem einen oder anderen nicht ganz geschafften Double ist auch das Laufrad leicht in Mittleidenschaft gezogen worden. Wer also nicht ganz so fit beim Springen ist, sollte vielleicht ein etwas härteres Setup fahren und die Speichenspannung vor allem am Hinterrad regelmäßig kontrollieren. Was bei den ersten Runs noch beachtet werden soll: Die Strecke führt vor allem unten häufig quer zum Berg und manche Sprünge sind deshalb etwas aus der Richtung. Es gab deswegen doch auch ein paar Stürze. Wenn man sich an die ausgefahrene Linie hält und anfangs etwas aufpasst, ist das aber kein Problem.
Spätestens ab Mittag gingen sich bei uns so gut wie alle Sprünge aus. Die Sicherheit beim Springen wurde schnell immer größer und wir konnten die Air-Time genießen. Ich war selbst überrascht, welche Sprünge ich mir in relativ kurzer Zeit sicher zutraute, obwohl ich eigentlich eher vorsichtig bei größeren Sprüngen und Gaps, Doubles, Drops, etc. bin. Aber durch die vielen Sprünge und wenn man jemanden hat, der einem beim ersten Mal drüberzieht, geht das hier echt schnell.
Normalerweise habe ich immer etwas mit kickenden Sprüngen oder Wellen zu kämpfen, weshalb ich relativ viel Rebound fahre. Nach den ersten Fahrten wäre mir allerdings kein kickender Sprung aufgefallen. Erst nachdem ich den Rebound etwas aufgemacht hatte, fielen mir zwei kickende Sprünge auf. Einer davon gleich der erste (egal ob mit oder ohne Rampe gesprungen). Bei diesen beiden Sprüngen habe ich dann auch andere bei leichten Nose-Dive-Aktionen beobachtet. Wenn man etwas aufpasst, lässt sich das aber in den Griff bekommen.
Was sehr positiv auffällt: Ich kann mich an keinen Sprung erinnern, den ich anbremsen musste. Zwei bis drei Sprünge sind in Sprung-Kombinationen eher kurz und müssen gedrückt werden, aber wenn man sich zusammenreißt, gehen sich die darauf folgenden Sprünge aus. Auch die Anlieger sind großzügig und können oft ohne oder ohne viel Bremsen gefahren werden. Vielleicht sind es 5 Kurven, die härter angebremst werden müssen, und wo sich Bremswellen bilden werden - beim Rest bleibt man richtig schön im Flow.
Ich war mit dem V10 Downhill Bike unterwegs und war bei vielen Sprüngen tendenziell auf der kürzeren Seite - d.h. Luft nach oben ist noch. Zu ein paar großen Sprüngen musste ich auch hintreten, damit ich sie clearen konnte. Einen Teil bin ich auch mit dem Enduro gesprungen - hat sich ziemlich ähnlich angefühlt. Für sehr gute Fahrer mit einem straffen Bike könnten einzelne Sprünge mit der Zeit zu kurz werden, allerdings sollte so jemand auch in der Lage sein, Sprünge zu drücken oder er muss einfach "chilliger" fahren.
Insgesamt ist die Strecke also sehr gelungen und macht ab einem gewissen Fahrkönnen richtig viel Spaß. Wer schon etwas springen kann, kann hier große Schritte nach vorne machen. Die Sprünge und Abfolgen von Sprüngen passen für den Start schon mal sehr gut. Im Gespräch mit den Betreibern konnte man aber auch heraushören, dass sie wirklich bemüht sind und auch nachbessern wollen, wenn einzelne Kombinationen oder Sprünge noch nicht ganz optimal sind.
Der Vergleich zu den berühmten Jump-Lines in Whistler - A-Line und Dirt-Merchant - drängt sich auf. Ich muss allerdings dazusagen, dass ich die Strecken in Whistler zuletzt 2008 gefahren bin und mich die Erinnerung auch etwas täuschen kann. Die beiden Strecken in Whistler sind als schwarze Strecken angegeben. Ich würde schätzen, dass die Sprünge auf Strada Del Sole großteils etwas kleiner sind als auf den genannten Whistler-Strecken. Einzelne haben aber mindestens die Größe. Wenn die Strecken in Whistler seither nicht gröber umgebaut wurden, dann bietet Strada Del Sole allerdings mehr Abwechslung. Dadurch ist sie vermutlich aber auch etwas schwieriger zu Springen als die Whistler-Strecken, die fast nur aus Tables bestehen. Was definitiv vergleichbar ist: Man bekommt relativ schnell ein Gefühl fürs Springen und richtig viel Air-Time!
Die Strecke kann jeder mit fortgeschrittenem Fahrkönnen fahren. Daher auch die Kategorisierung als rote Strecke. Den Grinser ins Gesicht zaubern solche Strecken aber vor allem dann, wenn man zumindest die meisten Sprünge schafft. Und hier sind doch relativ viele Sprünge, die man schon als schwarz einteilen könnte. Trotzdem sind noch genug Sprünge, die einfacher zu springen sind, und von vielen Fahrern gecleared werden. Die Reaktion derer, für die viele Sprünge eher zu groß sind, ist unterschiedlich. Vielen stört es nicht sonderlich - so gibt's ja auch noch Potential nach oben. Für andere ist es doch ärgerlich. Der echte Grinser im Gesicht kommt halt erst, wenn man die meisten Sprünge schafft.
Leider ist der Unterschied zwischen den blauen Strecken und der roten Jump-Line sehr groß. Die Variante "Morning Glory" wäre schon ein guter Ansatz - diese vielleicht noch etwas pimpen und verlängern? Gerade für Sprung-Anfänger und Mädels wäre das eine feine Sache. Auf der Strada del Sole könnte man vielleicht dort oder da eine Verbesserung für Anfänger durch kleinere alternativen Linien oder Absprünge schaffen, aber es wäre ein Fehler, diese in Österreich einzigartige und so spaßige Jump-Line mit ihren mittelgroßen bis größeren Sprüngen zu kastrieren.
Fazit: Unbedingt mal ansehen!
Hier das Video meiner GoPro-Runs auf Strada Del Sole:
YouTube:
Bikepark Serfaus-Fiss-Ladis Jump Line Strada Del Sole
Kommentare
Und noch ein Update: Es gehen sogar 4 Bikes in die Gondel. Der Schotter ist mittlerweilen aus vielen Streckenabschnitten rausgefahren bzw. rausgekehrt worden. An einigen Stellen haben sich zusätzliche Bremswellen gebildet.
Detaillierte aktuelle Infos: https://www.downhill-board.com/74313...l=1#post799585
Und ein neues Video von der Jump-Line - diesmal mit den Enduros: https://www.youtube.com/watch?v=KD1bYN9qbZU