Montag, 3. September 2012
Letztes Wochenende standen für uns Gravity-Fans die Bewerbe im 4X und Downhill bei der UCI Mountainbike Weltmeisterschaft in Leogang Saalfelden am Programm. Wechselnde Wetterverhältnisse mit Sonne am Renntag sorgten für spannende Rennen und große Werbung für den Downhill-Sport!
Autor: noox, Fotos: Tom Bause, bause.at
Wer sich lieber gleich das Replay ansehen möchte, kann das auf
redbull.com/bike oder auch hier auf der
Rangers-Seite machen.
Nachdem es die letzten Wochen großteils schön und trocken war, kam genau zum Start der Weltmeisterschaften in Leogang ein massiver Schlechtwetter-Einbruch: Dauerregen am Mittwoch. 10 cm Schnee auf 2000 Meter. Für die Athleten war das aber nichts Neues. Bei den Weltcup-Rennen in Leogang gab es bereits öfters ziemlich widrige Bedingungen.
Allerdings besserte sich das Wetter ab Samstag wieder und am Sonntag, dem Renntag, kam sogar die Sonne raus und es gab perfektes Downhill-Wetter: Sonne, aber nicht zu heiß. Auch die Strecke wurde deutlich trockener. Teils richtig griffig und schnell, an vielen Stellen aber noch matschig. Da sich die Verhältnisse über das Rennwochenende hin änderten, war es gar nicht so einfach für die Fahrer abzuschätzen, wo noch mehr ging, und ab wann es zu viel ist. So gab es auch relativ viele Ausrutscher.
Unzählige Zuschauer entlang der ganzen Strecke pushen die Fahrer zu Höchstleistungen. Im Bild der Ungar Attila Liszi. [
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Die Strecke selbst ist bekannt. Teils vom letzten Jahr, teils vom Bikepark-Betrieb. Allerdings wurden vor den zwei Tables nach der ersten Waldausfahrt jeweils Holzrampen aufgestellt. Um diese zu "clearen" musste man bis zu 20 Meter weit springen. Aber trotz den immer schneller werdenden Verhältnissen sprangen das bei weitem nicht alle Herren. Kritisch war auch, dass die Fahrer hier extremen Luftstand erreichen und der Wind durchaus gefährlich werden könnte.
Interessant war, dass bei den berühmten drei Stufen die meisten Fahrer den Chicken-Way nahmen. Beim iXS Cup wurde der Chickenway so gesteckt, dass er deutlich langsamer war, als die direkte Linie. Allerdings ist die direkte Linie über die drei Stufen bei der Ausfahrt relativ kritisch, weil man ziemlich gerade in den Anlieger der Ausfahrt kommt und da schlecht Speed mitnehmen kann. Dazu kommt, dass die Wurzeln bei den drei Stufen auch noch lange nach dem letzten Regen nass sind, weil hier eine kleine Quelle austritt. Beim iXS Cup Rennen waren sie trocken, diesmal natürlich nass.
Der Deutsche Felix Wunderlich. [
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Die Ausgangssituation
Die Strecke enthält alles, was eine würdige Downhill-Strecke enthalten soll. Sie ist allerdings nicht extra schwer. Zwischen den technischen Passagen sind immer wieder flachere Tretstücke, meist unterbrochen von Sprüngen. Außerdem ist der Untergrund vor allem am Starthang und im Wald eher weich, sodass sich schnell Schlaglöcher herausfahren. Die fitteren und konditionsstärkeren Fahrer sind also den Technik-Spezialisten eher überlegen. Klick-Pedal-Fahrer haben hier Vorteile gegenüber den Flat-Pedal-Fahrern. Als heiße Kandidaten für den WM-Titel wurden daher hauptsächlich Dauer-Sieger Aaron Gwin, Greg Minnaar und Gee Atherton genannt. Gwin hatte aber zuletzt Probleme in Val d'Isere. Minnaar gewann dagegen die Generalprobe - das iXS-Cup-Rennen in Leogang im Frühjahr. Eine starke Saison hatte auch Steve Smith, sodass ihn viele ganz oben sahen. Mick Hannah zeigte mit der besten Zeit in der Qualifikation auf. Auch die MS-Mondraker-Fahrer Brook MacDonald und Damien Spagnolo musste man auf der Rechnung haben. Der Weltmeister von 2011 Danny Hart konnte wegen einer Schulter-Verletzung nicht starten. Allerdings hätte er als Spezialist für schwierige Strecken auf diesem Kurs auch nicht zum engsten Favoritenkreis gezählt.
Bei den Damen ist Rachel Atherton die heißeste Kandidatin. Allerdings dominiert sie seit ihren Schulterverletzungen nicht mehr so wie früher. Außerdem dürfte sie ein Rückenproblem haben. Bei der Qualifikation ist sie nur aus dem Starthaus hinausgerollt und hat dann aufgegeben. Emmeline Ragot, die Weltmeisterin vom letzten Jahr, konnte man daher mindestens genauso stark sehen. Aufpassen musste man auch auf die Leogang-Siegerin vom letzten Jahr: Floriane Pugin.
Die Österreicher zeigten in der Qualifikation deutlich auf. Markus Pekoll wurde 10. Boris Tetzlaff 17. und Manuel Gruber 24. Auch Petra Bernhard konnte mit Platz 5. ein Top-Ergebnis rausfahren. Bei Anita Molcik lief es mit Platz 16 nicht so optimal. Auch Junioren-Vizeweltmweister von 2011, David Trummer, konnte nicht mithalten und wurde nur 17.
Das Rennen der Damen
Leider konnten die Österreicherinnen nicht ihr Optimum abrufen. Petra Bernhard hat sich angeblich beim Training verletzt und die große Nervosität machte ihr wieder einen Strich durch die Rechnung. Sie kam schlussendlich auf Platz 12. Anita Molcik wurde 16.
Die Nervosität verhinderte ein besseres Ergebnis: Platz 12 für Petra Bernhard. [
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Von den Top 10 der Startliste konnte erstmals die junge und für viele noch unbekannte Französin Morgane Charre aufzeigen. Sie verwies die bis dahin führende Kanadierin Micayla Gatto um 9,5 Sekunden auf Platz Zwei. Die nächsten zwei, Miriam Ruchti und Petra Bernhard hatten größere Rückstände. Aber auch Floriane Pugin, Manon Carpenter und Emmeline Ragot konnten um eine Sekunde nicht auf die Zeit von Morgane Charre heranfahren. Ragot und Carpenter waren bei der ersten Zwischenzeit noch knapp vorne aber verloren in Mittelteil auf Charre.
Downhill Weltmeisterin 2012 Morgane Charre. Kommende Woche wird die Französin 22 Jahre alt. [
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Die Letzte am Start war Rachel Atherton. Schon nach kurzer Zeit wurde klar, dass sie Probleme hatte. Immer wieder setzte sie sich nieder, wo andere im Wiegetritt hart pedalierten. Am Ende wurde sie mit 5,9 Sekunden Rückstand 5. Das Endergebnis der Damen daher:
1. Morgane Charre (FRA) 3.50.654
2. Emmeline Ragot (FRA) +1.199
3. Manon Carpenter (GBR) +1.490
4. Floriane Pugin (FRA) +1.617
5. Rachel Atherton (GBR) +5.894
Das Ergebnis zeigt, wie eng es mittlerweile auch bei der Damen-Weltspitze zugeht.
Für die Japanerin Mio Suemasa lief es - wie schon die gesamte Saison - nicht so optimal: 20. Platz [
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Das Rennen der Herren
Wie bei einer Weltmeisterschaft üblich, fahren da auch einige Exoten mit, die man von den Weltcup-Rennen kaum sieht. Spannend wurde es erstmals, als Boris Tetzlaff einen richtig guten Lauf runterbrachte. Fast 30 Fahrer bissen sich an seiner Zeit die Zähne aus und er konnte auf dem Hot Seat bleiben.
Schneller Run für den Österreicher Boris Tetzlaff. Am Ende reichte es für Platz 23. [
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Unter diesen 30 Fahreren war auch Manuel Gruber, der mit zwei Stürzen seinen Lauf verhaute, aber dafür den Zuschauern mit einem No-Hand-Suizide über den Zielsprung eine große Show lieferte.
Schon lange dabei: Der Slovake Filip Polc. Platz 44 für ihn. [
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Erst der Neuseeländer Bryn Atkinson war knapp zwei Sekunden schneller als Tetzlaff. Sam Dale konnte die Zeit nochmals knapp unterbieten und nach Mitchell Delfs musste Boris das Hot-Seat-Podium der besten drei verlassen.
Einige Fahrer später konnte der Deutsche Johannes Fischbach am Hot Seat Platz nehmen. Steve Peat war bei seinem unglaublichen 20. Weltmeisterschafts-Run solide unterwegs, nahm die 3-Stufen-Line - schnell - zu schnell und landete unten in der Matte.
Der Franzose Florent Payet unterbot dagegen die Zeit von Johannes Fischbach - um über drei Sekunden.
Nick Beer hatte oben einen Sturz und konnte seine Top-Quali-Zeit nicht bestätigen. Als nächstes war Markus Pekoll an der Reihe. Mit einem schnellen Run reihte er sich hinter Payet an die zweite Stelle. Im Ziel war er sichtlich zufrieden mit dem Run!
Troy Brosnan, der sich beim iXS Rennen in Leogang schwere innnere Verletzungen zugezogen hatte und erstmals wieder bei einem großen Rennen dabei war, hatte wieder großes Pech: Bei einer der ersten Kurven (bei der ersten Downhill-Einfahrt im normalen Bikepark-Betrieb) rutschte er weg und flog neben der Strecke über einen Absatz. Er wurde mit einer ausgerenkte Schulter von der Rettung abtransportiert. Er ist bereits wieder auf dem Heimflug nach Australien um sich auszukurieren.
Andrew Neethling verhaute mit bester Zwischenzeit die zweite Wall im Mittelteil. Er bog in der Mitte der Wall nach innen ab. Sam Blenkinsop nahm oben dir großen Sprünge nicht - vermutlich weil ihm im Training bei der Landung das Bike gebrochen ist. Er verlor unter anderem dadurch schon im oberen Abschnitt 2 Sekunden.
Der Quali-Schnellste Mick Hannah sicherte sich dann aber mit über zwei Sekunden Vorsprung den Platz auf dem Hot Seat. Steve Smith, den viele auch ganz vorne gesehen habe, konnte Hannahs Zeit nochmals um fast eine Sekunde unterbieten.
Quali-Schnellster Mick Hannah wurde schlussendlich Vierter. [
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Marc Beaumont konnte nicht ganz mithalten. Josh Bryceland war bei den Zwischenzeiten nur knapp hinten, rutschte aber bei der Einfahrt in den letzten Downhill-Teil aus. Markus Pekolls Teamkollege Damien Spagnolo reihte sich hinter Smith und Hannah auf den vorläufig dritten Platz ein. Für den Flat-Pedal-Fahrer Sam Hill ist Leogang auch nicht die optimale Strecke - er kann aber Spagnolo vom dritten Platz verdrängen. Brook MacDonald reiht sich eine knappe Sekunde vor Markus Pekoll ein.
Drei Fahrer noch oben: Gee Atherton ständig am Pedalieren. Die großen Sprünge oben schafft er allerdings nicht ganz sauber. Trotzdem 0,7 Sekunden vor Steve Smith! Greg Minnaar der Vorletzte: Stark und sauber wie immer. Nochmals 0,6 Sekunden schneller.
Als letzter steht Aaron Gwin am Start. Oben schaut noch alles normal aus aber bei der Ausfahrt vom ersten Wald scheint's als würde er langsamer werden. Die großen Sprünge lässt er aus und styled stattdessen über die Tables. Man kann nicht wirklich erkennen was das Problem ist. Er kann noch pedalieren, macht einen Style Run mit großem Rückstand ins Ziel. Mick Hannah postet später auf Twitter, dass er Probleme mit den Bremsen hatte. Angeblich kein Druckpunkt mehr.
Der Dominator der letzten 2 Weltcup-Saisonen Aaaron Gwin konnte sich auch diesmal nicht den WM-Titel holen. Wegen eines Defekts der Bremse musst er zurückstecken und absolvierte einen Show-Run für die Zuseher. [
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Greg Minnaar holt sich so seinen zweiten WM-Titel nach 2003. Sicher nicht das schönste Ergebnis, wenn einer der Hauptkonkurrenten wegen eines Defekts ausfällt (wie er auch selbst im Interview sagt). Aber Greg Minnaar ist mehr als ein würdiger Weltmeister. Seit Jahren ist er fast immer auf dem Weltcup-Podium.
Downhill-Weltmeister 2012: Greg Minnaar aus Südafrika. [
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Ergebnisse der Herren:
1. Greg Minnaar (RSA) 3:21.790
2. Gee Atherton (GBR) +0,581
3. Steve Smith (CAN) +1,214
4. Mick Hannah (AUS) +2,140
5. Sam Hill (AUS) +3,406
9. Markus Pekoll (AUT) +5,774
23. Boris Tetzlaff (AUT) +8,886
Für Markus Pekoll und für Österreich ist das Ergebnis sehr erfreulich. Der 9. Platz bedeutet das beste Ergebnis für Markus bei einem Weltcup oder einer Weltmeisterschaft. Sehr stark, wenn man genau dann, wenn es darauf ankommt, seine Bestleistung abrufen kann!
Die Junioren
Bei den Juniorinnen gewann die Kanadierin Feniak Holly vor der Britin Tahnee Seagrave und Daniel Beercroft aus Australien. Die Siegerin wäre mit ihrer Zeit von 4:01,622 8. bei den Damen geworden.
Fünfter der Junioren: Kanadier Jack Moir im Zielbereich [
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Bei den Junioren gewann erwartungsgemäß der Franzose Loic Bruni vor Richard Rude aus den USA. Connor Fearon aus Australien wurde Dritter. Loic Bruni führt für das Lapierre Team und hat mit der Unterstützung seiner Teamkollegen Sam Blenkinsop und Cameron Cole gute Fortschritte gemacht. Bei den Herren hätte Bruni ein Top-30 Ergebnis eingefahren. Leider hat David Trummer nach seinem Vizeweltmeistertitel im letztem Jahr heuer eine etwas verpatzte Saison. Er kam nur auf Platz 20.
Junior Phil Atwill am Zielsprung. Platz 8 für den Briten. [
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Das Rennen wurde auf redbull.com/bike wie zuvor schon die Weltcups live gestreamed. Neben Rob Warner war diesmal Myles Rockwell Co-Kommentator. Für die, die ihn nicht kennen: Rockwell war eine fixe Größe im Downhill Weltcup der 90er Jahre. 2000 wude er sogar Weltmeister und unterbrach damit die lange Serie von Nicolas Vouilloz. Es ging zwar nicht so ab, wie letztes Jahr bei der Übertragung von Champery mit Nigel Page, aber er glänzte mit großem Fachwissen.
Daneben wurde das Rennen erstmals auf ORF Sport+ live übertragen. Als Co-Kommentator fungierte Gerhard Zadrobilek. "Zadi" ist zwar eine alte österreichische Radsport- und Mountainbike-Legende, allerdings hat er vom aktuellen Geschehen im Downhill- und 4X-Sport keine Ahnung mehr. Dementsprechend mühsam - oder witzig - war dann auch die Kommentierung. Wäre schön, wenn nächstes Jahr auch ein Weltcup in Österreicher live übertragen würde, aber bitte mit einem Co-Kommentator, der noch nicht so lange weg vom Geschehen ist.
Das erste Wochenende der Weltmeisterschaften in Leogang und Saalfelden waren bestimmt eine großartige Werbung für Leogang und das gesamte Salzburger Land. Spannende Rennen, am Sonntag traumhaftes Wetter, die Leoganger Steinberge als natürliche Kulisse. Tausende Zuschauer entlang der ganze Strecke sorgten für eine gewaltige Stimmung. Auch Rob Warner und die internationale Presse zeigten sich begeistert.
Die, die sich auch für Trial und Cross Country interessieren, sollten sich unbedingt noch die Zeitpläne für kommende Woche ansehen. Wer die Weltelite des Downhill-Sports nochmals sehen will, hat dazu beim
Nordkette Downhill.PRO nächsten Samstag in Innsbruck nochmals Gelegenheit.
Update:
Laut diversen Kommentaren auf Facebook und auch hier, dürfte Aaron Gwin die erste Waldeinfahrt komplett hinuntergesprungen und dabei gestürzt sein. Gebremst hat er davor noch. Jetzt stellt sich die Frage, ob er unabsichtlich hinuntergesprungen ist, weil die Bremsen nachgelassen haben, oder ob er den Sturz hatte, und deswegen eventuell die Bremsen aufgegeben haben. Laut Pinkbike und Trek World Racing gab's ein Problem mit den Bremsen. Wenn die Bremsen aber wegen dem Sturz aufgegeben haben, dann könnte sein Bremsenausstatter was dagegen haben, wenn behauptet wird, es wären die Bremsen (Prototyp) gewesen.
Links:
saalfeldenleogang2012.at
facebook.com/SaalfeldenLeogang2012
bikepark-leogang.com
Ergebnisse Mountainbike Weltmeisterschaften 2012
Forums-Thread:
Weltmeisterschaften Leogang Saalfelden 2012
Kommentare
Siehe vitalmtb
Das Wetter war wirklich traumhaft schön - die Vorhersage berichtete zuerst anderes sodass wir mit Pulli, Stiefeln und Regenjacke ausgestattet anreisten. Die Abreise erfolgte dann teils mit Sonnenbrand.
Die Strecke war in einwandfreiem Zustand - gern hätte ich gleich nach der Veranstaltung noch eine Abfahrt gemacht.
Bei Gwin hieß es zuerst von einem Kettenproblem, erst später wurden Bremsdefekte kommuniziert - vom Sturz erfuhr ich erst gestern.