Mittwoch, 10. September 2014
Initiative will Mountainbiker aus der Illegalität holen – Wegefreiheit soll auch für Radfahrer gelten
Text & Fotos: Upmove, Dietmar Gruber.
Was machen 52 begeisterte Mountainbikesportler, wenn Sie legal auf den Muckenkogel – ein starkt frequentiertes Ausflugsziel in den niederösterreichischen Voralpen - gelangen wollen? Sie schieben ihr Rad oder tragen es. Ansonsten riskieren Sie Anzeigen, Gerichtsverfahren und teure Schadensersatzforderungen. Die Initiative „Legal biken- auch in Österreich“ hat heute mit einer groß angelegten „Trutzaktion“ auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht – ein österreichweites Anliegen. Sie wollen eine Anpassung der veralteten Gesetze in Österreich. Mehr als 20.000 Unterstützer fordern mittlerweile die Ausdehnung der Wegefreiheit auf Radfahrer.
Legal ist in Österreich nur schieben oder tragen. [
Galerie]
Biken kann teuer werden
Das Datum wurde nicht ungefähr gewählt. Exakt vor einem Jahr ist vier Radfahrern ihr Hobby zum Verhängnis geworden. Sie wurden bei der bei Auffahrt zur Almenmesse vom Jagdpächter auf Besitzstörung und Unterlassung geklagt. Streitwert 15.000.- Euro !
Am selben Tag waren auf diesem Berg, auf der selben Forststrasse, unzählige Wanderer und Autofahrer zur Bergmesse unterwegs.
„Nüchtern betrachtet war der Jagdpächter im recht“ sagt auch Dietmar Gruber von der Initiative „Legal biken“. „Und das ist das Problem. Das Forstgesetz 1975, das die Wegefreiheit im Wald regelt, wurde zu einer Zeit beschlossen, in der es schlichtweg noch keine Bergräder gab.“
Diese Schilder kennen die Mountainbiker hierzulande nur zu gut. [
Galerie]
Brief an Minister
In einem offenen Brief an Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter und allen Nationalratsabegordneten fordern die Biker eine Novellierung des Forstgesetzes von 1975 (siehe Anlage). „Die Wegefreiheit soll auf Radfahrer ausgedehnt werden“, sagt Dietmar Gruber. „Das ist keine außergewöhnliche Forderung. In unseren umliegenden Nachbarländern ist dies längst gelebte und gesetzliche Realität. In Österreich soll damit lediglich der Status Quo legalisiert werden. Abseits von Tourismusregionen sind Radfahrer auf Wegen und Straßen im Wald in der Regel illegal unterwegs. Manchmal geduldet, immer öfter aber kriminalisiert. Es geht um immerhin 800.000 Radsportler in Österreich.“ Durchaus bessere Regeln für Mountainbiker gibt es in den Nachbarländern Österreichs. Dort hat man das touristische Potenzial des Mountainbikens längst erkannt.
Andreas Pfaffenbichler, upmove; Herbert Schrittweiser, Bürgermeister Lilienfeld; Prior Pater Maurer Pius, Stift Lilienfeld; Wolfgang Labenbacher, Vizebürgermeister Lilienfeld; Dietmar Gruber, upmove [
Galerie]
Einwände können entkräftet werden
„Die Gegner einer Legalisierung des Bikens in der Natur bringen viele Argumente vor, die können aber Punkt für Punkt widerlegt werden“, sagt Dietmar Gruber. „Wir haben bei mancher Lobby den Verdacht: Weil sie das freie Wegerecht für Wanderer,Läufer...1975 schlucken mußten, stellen sie sich beim Radfahren umso kompromissloser quer.“
1. Argument: Radfahrer schaden der Natur. Sie schaden der Natur nicht mehr und nicht weniger als ein Wanderer, dies ist durch zahlreiche Studien und Expertisen belegt.
Dazu kommt: Radfahrer, die legal auf Strassen und Wegen in den Wäldern in der Nähe ihres Wohnorts unterwegs sein dürfen, reisen in der Regel – anders als Wanderer - mit dem Fahrrad an. „Wenn aus ökologischen Gründen oder wegen Forstarbeiten, der Zugang zum Wald oder Natur vorrübergehend oder auch dauerhaft gesperrt ist, müssen sich selbstverständlich auch Radfahrer daran halten“, sagt Dietmar Gruber.
2. Argument: Bei Unfällen ist die Haftungsfrage ungeklärt. In Deutschland ist das unmotorisierte Befahren von Straßen und Wegen im Wald durch das Bundeswaldgesetz geregelt. Darin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Benutzung auf eigene Gefahr geschieht und „waldtypische“ Gefahren zu beachten sind.
Für Österreich wäre die aktuelle gesetzliche Regelung in Bayern erstrebenswert. Dort heißt es, dass das Befahren von geeigneten Wegen und Strassen mit dem Fahrrad oder Krankenstuhl ebenfalls erlaubt ist und unter das allgemeine Betretungsrecht fällt. Diese Lösung führt den Ausübenden direkt in die Selbstverantwortung, da er selbst entscheiden muss ob der Weg für ihn geeignet ist. Dadurch erübrigt sich jegliches Haftungsrisiko für den Wegehalter bzw. Grundeigentümer.
3. Argument: Fußgänger sind durch Radfahrer gefährdet. Das Bild des rücksichtslosen und rasenden Bikers hat mit der Realität nichts zu tun. In Tourismusregionen, die sich zu einem Nebeneinander von Bikern und Wanderern bekennen, gibt es kaum Probleme. Die „Fair Play“ – Verhaltensregeln, zu denen sich auch die Initiative „Legal Biken“ bekennt (siehe Anlage) – räumen Wanderern dezidiert den Vorrang ein. „Auch beim Skifahren gibt es Pistenregeln, die den Langsameren Schutz gewähren,“ sagt Dietmar Gruber.
4. Argument: Es gibt ohnehin genügend freigegeben Routen. Insgesamt sind nur rund 10 Prozent der Forststraßen legal befahrbar. Vor allem in Niederösterreich sind die Bergradler auf wenige Routen angewiesen. Lediglich in einigen Tourismusregionen Westösterreichs gibt es ein attraktives Angebot, welches sich hauptsächlich an touristische Gäste richtet. Dort werden Mountainbikestrecken vielfach nur durch Pachtverträge der Tourismusverbände mit Grundeigentümern ‘freigegeben’. Bis zu 40 Cent pro Meter werden dafür ausgegeben. „Das ist eher kontraproduktiv, das kann sich eine Gemeinde ohne starken Tourismus nicht leisten“, sagt Dietmar Gruber. „Eine flächendeckende Lösung wird es so nie geben und die Mehrzahl der österreichischen Biker wird weiterhin illegal unterwegs sein.“
Vor dem Stift Lilienfeld. [
Galerie]
Anhänge:
Offener-Brief-Minister
Whitepaper Mountainbiken
www.upmove.eu/legalbiken