Freitag, 14. September 2012
Am Wochenende war es wieder so weit: Innsbruck lud zum zweiten Nordkette Downhill.PRO und gekommen sind die Pros der Szene, die Amateure, die Juniors und unzählige Zuschauer, die den 4,2 km langen Nordkette Singletrail vom Start bis zum Ziel säumten und die Fahrer tatkräftig anfeuerten.
Text: noox. Fotos: Tom Bause, bause.at
Georgy Grogger, der mit seiner Firma Trailsolutions den Nordkette Downhill.PRO veranstaltet, hatte schon früh den Traum, ein Rennen für die echten Pros zu machen. Oder noch besser: Nicht nur ein gewöhnliches Rennen, sondern ein einmaliges Event für die Pros und die gesamt Downhill-Szene. Bei den Staatsmeistserschaften 2010 auf der Nordkette wurde klar, dass ein österreichisches Cup-Rennen auf der Nordkette keine Zukunft hat. Die Transportkapazitäten der Bahn und der vorhanden Platz für ein Fahrerlager sind eingeschränkt. Aber durch die Nähe der Stadt lockte der Nordkette Downhill damals schon viel mehr Zuschauer an die Strecke, als das bei anderen österreichischen Cup-Rennen der Fall war.
"Professor" Thomas Schmitt beim Training für den Nordkette Downhill.PRO. Innsbruck im Hintergrund [
Galerie]
Dieses Potential musste genutzt werden. So wurde die Idee des Nordkette Downhill.PRO geboren und verfeinert. Um die Pros für das Rennen in Innsbruck zu gewinnen, eignet sich als Termin besonders ein Wochenende zwischen zwei europäischen Rennen, an dem gerade die Weltcup-Fahrer aus Übersee sowieso in Europa geblieben wären. Eine Woche in Innsbruck mit verschiedenen Programmpunkten wie Enduro-Biken, chilliges Bikepark-Shredden, Party machen und am Ende ein Rennen mit großem Publikumsinteresse ist da eine willkommene Gelegenheit.
Gemeinsam mit Werner Jessner, Downhiller und Red Bulletin Redakteur, und Lukas Haider, Teammanager beim MS Mondraker Team, wurde letztes Jahr der Modus für das Rennen ausgetüftelt. Schon letztes Jahr war es ein Team-Bewerb. Die vier Fahrer je Team werden in vier Blöcke eingeteilt. In jedem Block wird ein eigenes Rennen im Rennen ausgefahren und jeweils Punkte für die Platzierungen vergeben. Die Punkte werden dann für die Teamwertung addiert.
Da die Weltcup-Teams mit unterschiedlicher Anzahl an Fahrern nach Innsbruck gekommen waren, wurden die restlichen Plätze mit Locals aufgefüllt. Und da die Strecke an der Nordkette etwas Einmaliges ist, können die schnellsten Locals dort durchaus mit einigen Weltcup-Profis mithalten.
Für heuer wurde das Konzept nochmals ausgebaut. Pro Team war auch eine Dame am Start. Teils Fahrerinnen der Weltcup-Teams, teils weibliche Locals. Um den Gedanken des Teamevents weiter zu forcieren und den Downhill-Nachwuchs zu unterstützen, durfte auch bei jedem Team ein Junior mitfahren.
Entspannte Atmosphäre im Fahrerlager des Team-Events. Rechts: "Sick" Mick Hannah.Text [
Galerie]
Für jugendliche Downhill-Biker kann ja gar nicht genug getan werden. Im Bikepark Tirol wurde heuer ein Jugend-Camp mit dem Nationalteam und dem MS Mondraker Team abgehalten. Brook MacDonald hatte sich da ziemlich reingehängt und war fleißig mit den Jungs unterwegs. Bei den Vorträgen vom Team-Mechaniker Christian Schandl und Team-Manager Lukas Haider haben sie einerseits einiges über Bike-Technik und Wartung und andererseits über Sponsoring und Vermarktung gelernt. Am Ende des Camps wurde ein Rennen ausgetragen. Die zehn Schnellsten durften beim Nordkette Downhill als Teamfahrer dabei sein!
Die Strecke auf der Nordkette kennt man ja mittlerweile: Lang, steil, eng, steinig, viele Stufen und das große Roadgap. Für heuer wurde die Strecke aber deutlich entschärft und an manchen Stellen flüssiger gestaltet. Bei der Radstudio-Kurve geht’s außen rum und darunter biegt man gleich wieder links rein und hat somit eine Querung mehr aber dafür weniger Gefälle und niedrigere Stufen.
Casey Brown beim großen Raodgap [
Galerie]
Echte Hardcore-Nordkette-Locals meinen zwar, die Nordkette hätte jetzt ihren Charakter verloren. Generell hört man, dass die Nordkette jetzt so leicht ist, wie sie noch nie war. Außenstehende schütteln aber nach wie vor den Kopf, wenn Streckenbauer und Vertrider Benni Purner meint: „An manchen Stellen ist sie jetzt richtig flowig!“ Insofern dürfte man das schon richtig getroffen haben. Und wenn man schon die Weltcup-Fahrer da hat, sollte man doch etwas Fluß auf der Strecke bieten. Eine reine Vertriding-Challenge kommt da sicher weniger gut an.
Unter der Woche standen diverse Programmpunkte auf dem Plan: Barbecue im Zielbereich, Enduro-Touren im Umland, Party, Training, Party, Trackwalk auf dem Nordkette Singletrail, Party und ein Downhill-Tag im Bikepark Tirol.
Das Yeti Fox Team bei einem Trainings-Run. [
Galerie]
Am Freitag stand dann das Training am Programm. Die Strecke ist mit einer Laufzeit von 10 Minuten doch sehr lang und anstrengend. Außerdem stehen die Athleten vor den letzten Rennen einer langen und anstrengenden Saison. Die meisten Fahrer begnügten sich daher mit einigen wenigen Training-Runs. Aber ein Fahrer wollte es wissen: Sam Hill, Experte für steile, technische Strecken und alternative Linien, die sonst keiner fährt, absolvierte gleich sechs Training-Runs. Da wurde dann schon diskutiert, ob der Streckenrekord von Brook MacDonald mit einer Zeit von 9:26,34 in Gefahr ist. Die Strecke ist zwar flüssiger geworden, aber dadurch auch länger. Leicht würde es nicht werden. Zwischen seinen Runs schaute Hill immer mal wieder bei Frau und Kind im Team Truck vorbei.
Von den schnellsten fünf Fahrern bei der Weltmeisterschaft eine Woche zuvor in Leogang fehlte in Innsbruck nur GeeAtherton. Von den Top 10 waren sieben am Start. Mit besonderem Interesse wurde Weltmeister Greg Minnaar verfolgt. Geplant war, dass er als „Gast-Fahrer“ für die CG Racing Brigade fährt. Allerdings wurde ihm vom Team das speziell für die WM gebrandete Santa Cruz V10 abgenommen, sodass er kein Downhill-Bike für den Nordkette Downhill.PRO hatte. Er ist die Strecke zwar mit seinem Trail-Bike abgefahren und war immer mit dabei, fuhr aber selber beim Rennen nicht mit.
Samstag – Renntag. Strahlend blauer, wolkenloser Himmel. Am Vormittag wurden noch einige Warm-Up-Runs gefahren, während sich immer mehr Zuschauer auf den Weg nach oben machten – mit der Seegrubenbahn oder zu Fuß.
Sick Mick Hannah und Markus Pekoll vor den ersten Warm-Up Runs am Hafelekar hoch über Innsbruck [
Galerie]
Ab 12:30 wurde es dann ernst. Der Nordkette Singletrail war mittlerweile von oben bis unten von Zuschauern gesäumt. Dichtes Gewurl an den besonders spannenden Stellen.
Im ersten Startblock waren die Junioren an der Reihe. Sie starteten wie die Damen vom alten Rennstart – also ab ca. der Mitte des Nordkette Singletrails. Andre Vögele holte sich den Sieg bei den Junioren und damit 25 Punkte für das Monster Energy Specialized Team. Samuel Lantschner holte als 2. 18 Punte für das Dirt Norco Race Team und Martin Barisitz 15 für die CG Racing Brigade. Punkte gab es bis zum 9. Platz. Pro Team gibt es ein Streichresultat.
Bei den Damen punkte erwartungsgemäß Emmeline Ragot mit dem Maximum für das MS Mondraker Team. Die Kanadierin Micayla Gatto, wurde für das Dirt Norco Race Team Zweite. Ihre Landsfrau Casey Brown holte 15 Punkte für das Yeti Fax Shox Team. Als Siegerin des Garbanzo Downhill beim Crankworx in Whistler dürften ihr lange Downhills liegen.
Beste Österreicherin wurde Elke Rabeder vom Revolution Racing Project als Vierte. Petra Bernhard war nicht dabei, da sie sich im Training bei der Weltmeisterschaft in Leogang verletzt hat (sie kam damals mit verbogenem Lenker ins Ziel) und die Zeit nutzen will, um für’s Weltcup-Finale in Hafjell wieder fit zu werden.
Elke Rabeder beim Freitagstraining am Roadgap [
Galerie]
Im 3. Startblock waren hauptsächlich die Locals unterwegs. Diese waren die ersten, die von ganz oben starteten und damit 10 bis fast 14 Minuten unterwegs waren. Martin Falkner punktete voll für MS Mondraker. Andre Lezuo, der statt Greg Minnaar für die CG Racing Brigade unterwegs war, holte sich den zweiten Platz und Eliot Jackson vom Yeti Fox Shox Factory Team wurde 3.
Local Rider Dominik Cisse [
Galerie]
Beim vorletzten Startblock wurde es dann schon richtig heiß. Brook MacDonald wurde hier aufgestellt und mit Richard Rude ist der frischgebackene Vize-Junioren-Weltmeister dabei (MS Mondraker taktierte hier scheinbar und ließ Markus Pekoll im Block der stärksten Fahrer starten). Richard Rude fuhr dann mit 9:47,60 die erste Zeit unter 10 Minuten. Gespanntes Warten auf Brook MacDonald. Bei ihm dürften sich aber die Parties doch etwas angehängt haben. Nur 10:17. Aber nach seinem ersten Weltcup-Sieg vor einigen Wochen in Val d’Isere darf man auch mal ein bisschen feiern. Auch George Brannigan und Fabien Cousine kamen nicht unter 10 Minuten. Richard Rude holte so die 25 Punkte für Yeti Fox. Zweiter wurde Gorge Brannigan von Devinci Global Racing, dritter Gerhard Senfter von den Vertriders.
Die Gruppe der stärksten Fahrer startete gleich mit Sam Hill. Mit mächtigem Luftstand flog er über den Zielsprung mit einer Zeit von 9:21,83. Fünf Sekunden schneller als Brook MacDonald im letzten Jahr. Auf die Frage, ob jetzt die Arme schmerzen und müde sind, meinte Hill nur: „My arms are fresh!“. Er hat seinen Lauf „smooth“ angelegt und versucht sich nicht zu „überpacen“ um keinen Sturz zu riskieren. Es hatte doch einige Stürze gegeben.
Sam Hill: Streckenrekord mit 9:21,83. Hier im Training [
Galerie]
An Hills Zeit kam dann keiner mehr annähernd heran. Richard Rude hielt mit über 25 Sekunden Rückstand auf Hill die zweitschnellste Zeit des Tages. Drittschnellster und damit Zweiter des letzten Startblocks wurde Benni Purner für die Vertriders. Mit dem Kolumbianer Marcello Gutierrez Villegas (CG Racing Brigade) und Ben Reid (Dirt Norco Race Team) blieben dann insgesamt fünf Fahrer unter 10 Minuten. Mick Hannah schaffte genau 10 Minuten, Pekoll war 10 Sekunden dahinter. Steve Smith und Jared Graves fielen weit zurück.
Bei Steve Smith lief es nicht nach Wunsch. [
Galerie]
Am Ende siegte in der Teamwertung – wie schon im letzten Jahr - MS Mondraker. Zweiter wurde dank Sam Hill und dem schnellsten Junior Andre Vögele Monster Energy Specialized. Bei Dirt Norco lieferten vier Fahrer gute Ergebnisse, sodass sich der 3. Platz zwei Punkte vor der CG Racing Brigade ausging.
Markus Pekoll springt ins Ziel. Seine Teamkollegen hatten aber bereits zuvor schon alles für das MS Mondraker Team klar gemacht. [
Galerie]
Vor der Siegerehrung gab es für die Zuschauer noch eine Trial-Show mit dem dreifachen Trial Weltmeister Petr Kraus. Am Abend ging es dann natürlich nochmals in die City zur After-Race-Party im Jimmy‘s.
Auch der zweite Nordkette Downhill.PRO war wieder ein großer Erfolg für den Downhill Sport. Auch wenn die Strecke doch „quite different“ ist und ein weiteres Rennen in einer anstrengenden Saison eine zusätzliche Belastung darstellt, so scheint das Event als Ganzes auch bei den Fahrern gut anzukommen. Viele waren ja schon das zweite Mal dabei. Der team-übergreifende und familiäre Charakter der NordketteDownhill.PRO-Woche ist auch für die Pros etwas Besonderes. Und die Zuschauermassen am Streckenrand tragen ihr Übriges bei!
Das Medien-Interesse war auch diesmal sehr groß. Wobei hier besonders auch fach-fremde und regionale wie überregionale Medien berichten. Der ZDF hat z.B. eine
sehr gute Reportage mit Sam Hill als Aufhänger gebracht. Mit der Mountainbike Weltmeisterschaft in Leogang und dem Nordkette Downhill.PRO in Innsbruck wurde der Downhill-Sport einer breiten Masse vorgestellt und die Bilder, Videos und Berichte zeigten ein sehr positives Bild vom Sport, von Salzburg, Tirol und ganz Österreich.
Markus Pekoll beim ORF-Interview [
Galerie]
In Tirol geht es am Wochenende gleich weiter mit einem Event, das Georgy Grogger und sein Team organisieren: Das KitzAlp Enduro Rennen in Kirchberg.
Links:
Fotos und Videos vom Nordkette Downhill.PRO
nordkette-downhill.at
Ergebnisse Nordkette Downhill.PRO 2012
Weitere Fotos:
Sam Hill Spult Trainings-Run um Trainings-Run ab. [
Galerie]
Max Schuhmann fährt hier für das Dirt Norco Race Team. [
Galerie]
Der Professor beim Zielsprung. [
Galerie]
Und nochmals der Professor. [
Galerie]
David Trummer vom Revolution Racing Project. [
Galerie]
David Trummer beim Zielsprung. [
Galerie]